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Titelthema zur Krise
                           Zum ökologischen Wandel


                           gibt es keine Alternative



                           ANALYSE  Den eneuerbaren Energien gehört zweifelsohne die Zukunft

                           Die aktuelle Energiekrise ist   Chance, den nun noch dringli-  die  Inflation  liegt  auf  Rekordni-
                           auch das Ergebnis einer über   cher gewordenen  Ausstieg aus   veau, die Belastungen überstei-
                           Jahrzehnte verfehlten Energie-  fossilen Energieträgern zu be-  gen sowohl bei großen Teilen der
                           politik. Die politisch Verantwort-  schleunigen,  wenn die entspre-  Bevölkerung als auch bei Teilen
                           lichen müssen dafür sorgen,   chenden  Investitionen ange-  der  Wirtschaft die Kapazitäten.
                           dass auch die Schwächsten der   packt  werden.  So  können  die   Obwohl die jetzige Situation be-
                           Gesellschaft durch diese Krise   Weichen dafür gestellt  werden,   reits als sehr bedrohlich wahrge-
                           kommen und gleichzeitig die   dass eine sozial- und generatio-  nommen wird, stehen große Her-
                           Chance nutzen, die ökologische   nengerechtere  Energieversor-  ausforderungen erst noch bevor,
                           Energiewende zu forcieren. Die   gung  mittelfristig  möglich  wird   da die Preissteigerungen meist
                           Zeit dafür drängt.            und Wirtschaft und Gesellschaft   erst  in  den  Jahren  2023  und
                                                         widerstandsfähiger gegenüber   2024 spürbar werden, wenn Ne-
                           Von Carina Webel              Krisen  werden. Um die aktuelle   benkostenabrechnungen anste-
                           und Christian Ott             Krise  so  bewältigen  zu  können,   hen. Wie sehr der Markt in Bewe-
                                                         dass der gesellschaftliche Zu-  gung ist, verdeutlicht folgendes
                           Die schwere Krise, mit der sich   sammenhalt  nicht  gefährdet  Beispiel:  Laut  dem Verband  der
                           Deutschland und Europa gerade   wird, bedarf es aber darüber hin-  kommunaler Unternehmen e. V.
                           konfrontiert sehen und die große                           rechnet man bei einigen Stadt-
                           Teile  der  Bevölkerung  und  der   Mit den Abrechnungen 2023   werken bereits mit Forderungs-
                           Unternehmen vor  große  finanzi-  und 2024 kommt der Schock  ausfällen von acht bis 15 Prozent,
                           elle Sorgen stellt, liegt ganz akut                        was wiederum die Stadtwerke in
                           im Krieg Russlands gegen die   aus auch kurzfristiger Maßnah-  Bedrängnis bringen kann.
                           Ukraine  und  der  damit  verbun-  men, damit die Belastungen der   Um  die akute  Krise sozial ab-
                           denen Verknappung  russischen   Bürgerinnen und Bürger abgefe-  zufedern, hat die Bundesregie-
                           Gases begründet. Doch auch    dert werden können.          rung mit drei „Entlastungspake-
                           schwere Fehler der  Vergangen-  Tagesaktuelle Preise für Strom   ten“ einige wichtige Maßnahmen
                           heit scheinen sich zu rächen und   oder Gas liegen um ein  Vielfa-  auf den  Weg gebracht. Insge-
                           nun müssen die Konsequenzen   ches höher als noch vor dem Uk-  samt sind diese aber keineswegs
                           getragen werden. Allerdings be-  raine-Krieg. Ein Gasmangel im   ausreichend, um die durch die
                           steht in dieser Krise auch eine   Winter ist nicht ausgeschlossen,   Inflation  befeuerten  (sozialen)
                                                                                      Schieflagen  wirklich  abzumil-
                                                                                      dern.  Laut  Marcel  Fratzscher,
                                                                                      Präsident des Deutschen Insti-
                                                                                      tuts  für Wirtschaftsforschung
                                                                                      (DIW),  betragen  die  Entlastun-
                                                                                      gen des dritten Pakets in vielen
                                                                                      Fällen nur etwa zwanzig Prozent
                                                                                      der zusätzlichen Kosten,  wäh-
                                                                                      rend aber etwa  vierzig Prozent
                                                                                      der  Bevölkerung  keine  Erspar-
                                                                                      nisse besitzen, mit denen sie zu-
                                                                                      sätzliche   Kosten   auffangen
                                                                                      könnten.  Privatinsolvenzen  und
                                                                                      Energiesperren  drohen, wenn
                                                                                      nicht konsequenter gegenge-
                                                                                      steuert wird.
                                                                                        Bei der Einführung von Strom-
                                                                                      und Gaspreisbremsen braucht
                                                                                      es neben einem  Anreiz Energie
                                                                                      zu sparen  weitere Maßnahmen,
                                                                                      besonders für die ärmsten Haus-
                                                                                   Foto: Adobe Stock  von Energiesperren und ein Kün-
                                                                                      halte.  Dazu  gehören  ein  Verbot
                                                                                      digungsverbot gegenüber Mie-
                                                                                      terinnen und Mietern,  wirksa-
                                                                                      mere Transferzahlungen an Ver-
            Auch  im  Saarland  sind  Photovoltaik-Parks  auf  dem  Vormarsch.  Die  ökologische   braucherinnen  und Verbraucher
            Transformation aktiver voranzubringen, würde langfristig Arbeitsplätze sichern.  mit niedrigen Einkommen und


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