Page 25 - AK-Konkret 2|2025 | AK-SPEZIAL „Für junge Leute“
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Arbeit + Gesundheit
        Präsentismus hat                                                 Darf man im Büro


        negative Konsequenzen                                            „vapen“?

                                                                         ARBEITSSTÄTTENVERORDNUNG
        ARBEITSUNFÄHIG  Wer krank ist, sollte nicht zur Arbeit
                                                                         Seit einer Änderung der Arbeitsstättenverord-
        Schnell  in  der  Praxis  angerufen   zur Arbeit in den Betrieb kommen,   nung im April 2024 ist das Vapen am Arbeits-
        und schon liegt das Attest für den   hat  das  in  erster  Linie  negative   platz nicht mehr gestattet. Die Arbeitsstätten-
        Arbeitgeber vor: Lädt die telefoni-  Konsequenzen.“              verordnung  verpflichtet  Arbeitgeber  dazu,
        sche Krankschreibung zum Blau-  Wie also kommen Beschäftigte     Maßnahmen zu treffen, um Nichtraucher am
        machen  ein?  Eine  Mehrheit  der   zu einer guten Entscheidung, die   Arbeitsplatz  vor Gesundheitsgefahren durch
        Beschäftigten  würde  diese  Aus-  für  den  Moment  die  richtige  Lö-  Rauch und Dämpfe von Tabak- und Cannabis-
        sage unterschreiben, zeigt eine   sung ist? Krankschreiben lassen   produkten  sowie  E-Zigaretten  zu  schützen.
        aktuelle Umfrage, die das Institut   oder  doch in  den Betrieb kom-  Das erklärt Kathrin Schulze Zumkley, Fachan-
        für Betriebliche Gesundheitsbera-  men? „Das  Wichtigste ist, dass   wältin  für Arbeitsrecht.  Der  Gesetzgeber  re-
        tung  (IFBG)  im  Auftrag  der  Be-  man sich vor Augen führt, wie man   agierte damit auf die Tatsache, dass E-Ziga-
        triebskrankenkasse  BKK  ZF  &   sich selbst, Kolleginnen und Kol-  retten keinen  Tabak  verbrennen und somit
        Partner durchgeführt hat. 66 Pro-  legen und dem Arbeitgeber den   zuvor nicht unter den Schutzbereich dieser
        zent  der  gut  1.000  Befragten   größten Gefallen tut“, sagt Utz Nik-  Verordnung fielen.
        glauben demnach, dass die tele-  las Walter, Leiter des IFBG. Dazu   Aktuell  wird  laut  Schulze  Zumkley  aber
        fonische Krankschreibung ausge-  sei es notwendig, sich gegenüber   noch diskutiert, ob der Dampf von E-Zigaret-
        nutzt  wird.  Gleichzeitig  gibt  ein   allen ein Stück weit verantwortlich   ten – wenn diese nur mit Liquid gefüllt ist und
        Großteil  der  Befragten  (68  Pro-  zu  fühlen.  Er  rät,  sich  selbst  drei   kein Nikotin enthält – tatsächlich Gesund-
        zent) an, schon einmal krank ge-  Fragen  zu  stellen:  Stecke  ich  je-  heitsgefahren verursacht. Falls das nicht der
        arbeitet zu haben, weil ihnen der   manden an? Ist es wahrscheinlich,   Fall wäre, gäbe es nach der Arbeitsstättenver-
        Gang zum Arzt zu lästig war. Die   dass ich bei der Arbeit Fehler ma-  ordnung auch keine Pflicht, Mitarbeiter davor
        Frage, wann wir  zu  krank  für  die   che?  Verschleppe ich Krankhei-  zu schützen. „Ich meine jedoch, dass man den
        Arbeit  sind  und  wann  wir  eine   ten? Auf Basis der Antworten, die   gesetzgeberischen Willen,  der  in  der Ände-
        Krankschreibung    brauchen,  man sich selbst ehrlich gibt, gelte   rung zum Ausdruck kommt, wohl darin sehen
        scheint also gar nicht so einfach   es eine Entscheidung zu treffen –  muss, dass alle Mitarbeiter ein Recht auf einen
        zu beantworten zu sein.      und dann auch selbstbewusst zu      rauch-  und  dampffreien  Arbeitsplatz  haben
          Das liegt auch daran, dass das   dieser Entscheidung zu stehen.  sollen“,  so  Schulze  Zumkley.  In  der  Praxis
        Thema Arbeitsunfähigkeit sehr in-  Und wie geht man mit Kollegin-  werde diese Diskussion vermutlich darauf hi-
        dividuell ist. „Manche können mit   nen oder Kollegen um, die ein-  nauslaufen, dass auch das Rauchen oder Va-
        Kopfschmerzen gar nicht arbei-  deutig nicht bei der  Arbeit sein   pen von E-Zigaretten ohne Nikotin von Arbeit-
        ten,  andere  haben  häufig  leichte   sollten,  weil  sie  offensichtlich   gebern verboten wird. Der Grund: Arbeitgeber
        Kopfschmerzen, ohne dass es sie   krank  sind?  „Falls  ein  guter  Zu-  können oft nicht kontrollieren, ob eine E-Ziga-
        weiter  beeinträchtigt“,  sagt  Ralf   gang zur betroffenen Person be-  rette Nikotin enthält. Außerdem könnten un-
        Hirmke,  Vorstand  der  BKK  ZF  &   steht, sollte man das Gespräch   terschiedliche  Regelungen  sowohl  bei  Rau-
        Partner.  Es  gebe  Menschen,  die   suchen“, empfiehlt Hirmke. Fragen   chern als auch bei Nichtrauchern das Gefühl
        mit einer Erkältung im Bett liegen   nach Symptomen und dem sub-  von Benachteiligung hervorrufen.     tmn
        müssen – und andere, die stolz   jektiven  Befinden  können  helfen,
        darauf sind, in ihrer Dienstzeit auf   gemeinsam eine Entscheidung zu
        kaum  Fehltage  zu  kommen.   treffen. Ist das Verhältnis weniger
        Hirmke mahnt: „Letzteres wiede-  vertrauensvoll, darf man die Per-  Über Stressoren
        rum ist klassischer Präsentismus.   son aber auch ermutigen, mit der
        Wenn Beschäftigte wirklich krank   Führungskraft zu sprechen.  tmn  austauschen

                                                                         RESILIENZ ÜBEN

                                                                         Auch, wenn man es gerne so hätte: Im Ar-
                                                                         beitsleben lassen sich nicht immer alle an-
                                                                         deren Themen ausblenden. „Wir haben ge-
                                                                         rade eine Pandemie hinter uns und jeden
         Foto: Adobe Stock/Subbotina Anna                                sagt Tatjana Utz, Resilienztrainerin aus Mün-
                                                                         Tag bekommen wir in den Nachrichten Mel-
                                                                         dungen von Kriegen und vom Klimawandel“,
                                                                         chen.  Grundsätzlich  sei  es  gut,  sich  mit
                                                                         Freunden  oder  Kollegen  über  Stressoren
                                                                         auszutauschen.  Gleichzeitig  sei  es  wichtig,
                                                                         sich nicht zu überfordern. Oft habe man das
                                                                         Gefühl, von Gedanken und Gefühlen über-
                                                                         rollt  zu  werden.  Entscheidend  sei,  immer
        Wer krank ist, sollte zuhause bleiben – um zu genesen, und um die   wieder  in  Momente  der  Zufriedenheit  zu
        Kolleginnen und Kollegen nicht anzustecken.                      kommen.                         tmn

                                                                                        AK-Konkret 2|25  ·  25
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