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Arbeit + Gesundheit
Präsentismus hat Darf man im Büro
negative Konsequenzen „vapen“?
ARBEITSSTÄTTENVERORDNUNG
ARBEITSUNFÄHIG Wer krank ist, sollte nicht zur Arbeit
Seit einer Änderung der Arbeitsstättenverord-
Schnell in der Praxis angerufen zur Arbeit in den Betrieb kommen, nung im April 2024 ist das Vapen am Arbeits-
und schon liegt das Attest für den hat das in erster Linie negative platz nicht mehr gestattet. Die Arbeitsstätten-
Arbeitgeber vor: Lädt die telefoni- Konsequenzen.“ verordnung verpflichtet Arbeitgeber dazu,
sche Krankschreibung zum Blau- Wie also kommen Beschäftigte Maßnahmen zu treffen, um Nichtraucher am
machen ein? Eine Mehrheit der zu einer guten Entscheidung, die Arbeitsplatz vor Gesundheitsgefahren durch
Beschäftigten würde diese Aus- für den Moment die richtige Lö- Rauch und Dämpfe von Tabak- und Cannabis-
sage unterschreiben, zeigt eine sung ist? Krankschreiben lassen produkten sowie E-Zigaretten zu schützen.
aktuelle Umfrage, die das Institut oder doch in den Betrieb kom- Das erklärt Kathrin Schulze Zumkley, Fachan-
für Betriebliche Gesundheitsbera- men? „Das Wichtigste ist, dass wältin für Arbeitsrecht. Der Gesetzgeber re-
tung (IFBG) im Auftrag der Be- man sich vor Augen führt, wie man agierte damit auf die Tatsache, dass E-Ziga-
triebskrankenkasse BKK ZF & sich selbst, Kolleginnen und Kol- retten keinen Tabak verbrennen und somit
Partner durchgeführt hat. 66 Pro- legen und dem Arbeitgeber den zuvor nicht unter den Schutzbereich dieser
zent der gut 1.000 Befragten größten Gefallen tut“, sagt Utz Nik- Verordnung fielen.
glauben demnach, dass die tele- las Walter, Leiter des IFBG. Dazu Aktuell wird laut Schulze Zumkley aber
fonische Krankschreibung ausge- sei es notwendig, sich gegenüber noch diskutiert, ob der Dampf von E-Zigaret-
nutzt wird. Gleichzeitig gibt ein allen ein Stück weit verantwortlich ten – wenn diese nur mit Liquid gefüllt ist und
Großteil der Befragten (68 Pro- zu fühlen. Er rät, sich selbst drei kein Nikotin enthält – tatsächlich Gesund-
zent) an, schon einmal krank ge- Fragen zu stellen: Stecke ich je- heitsgefahren verursacht. Falls das nicht der
arbeitet zu haben, weil ihnen der manden an? Ist es wahrscheinlich, Fall wäre, gäbe es nach der Arbeitsstättenver-
Gang zum Arzt zu lästig war. Die dass ich bei der Arbeit Fehler ma- ordnung auch keine Pflicht, Mitarbeiter davor
Frage, wann wir zu krank für die che? Verschleppe ich Krankhei- zu schützen. „Ich meine jedoch, dass man den
Arbeit sind und wann wir eine ten? Auf Basis der Antworten, die gesetzgeberischen Willen, der in der Ände-
Krankschreibung brauchen, man sich selbst ehrlich gibt, gelte rung zum Ausdruck kommt, wohl darin sehen
scheint also gar nicht so einfach es eine Entscheidung zu treffen – muss, dass alle Mitarbeiter ein Recht auf einen
zu beantworten zu sein. und dann auch selbstbewusst zu rauch- und dampffreien Arbeitsplatz haben
Das liegt auch daran, dass das dieser Entscheidung zu stehen. sollen“, so Schulze Zumkley. In der Praxis
Thema Arbeitsunfähigkeit sehr in- Und wie geht man mit Kollegin- werde diese Diskussion vermutlich darauf hi-
dividuell ist. „Manche können mit nen oder Kollegen um, die ein- nauslaufen, dass auch das Rauchen oder Va-
Kopfschmerzen gar nicht arbei- deutig nicht bei der Arbeit sein pen von E-Zigaretten ohne Nikotin von Arbeit-
ten, andere haben häufig leichte sollten, weil sie offensichtlich gebern verboten wird. Der Grund: Arbeitgeber
Kopfschmerzen, ohne dass es sie krank sind? „Falls ein guter Zu- können oft nicht kontrollieren, ob eine E-Ziga-
weiter beeinträchtigt“, sagt Ralf gang zur betroffenen Person be- rette Nikotin enthält. Außerdem könnten un-
Hirmke, Vorstand der BKK ZF & steht, sollte man das Gespräch terschiedliche Regelungen sowohl bei Rau-
Partner. Es gebe Menschen, die suchen“, empfiehlt Hirmke. Fragen chern als auch bei Nichtrauchern das Gefühl
mit einer Erkältung im Bett liegen nach Symptomen und dem sub- von Benachteiligung hervorrufen. tmn
müssen – und andere, die stolz jektiven Befinden können helfen,
darauf sind, in ihrer Dienstzeit auf gemeinsam eine Entscheidung zu
kaum Fehltage zu kommen. treffen. Ist das Verhältnis weniger
Hirmke mahnt: „Letzteres wiede- vertrauensvoll, darf man die Per- Über Stressoren
rum ist klassischer Präsentismus. son aber auch ermutigen, mit der
Wenn Beschäftigte wirklich krank Führungskraft zu sprechen. tmn austauschen
RESILIENZ ÜBEN
Auch, wenn man es gerne so hätte: Im Ar-
beitsleben lassen sich nicht immer alle an-
deren Themen ausblenden. „Wir haben ge-
rade eine Pandemie hinter uns und jeden
Foto: Adobe Stock/Subbotina Anna sagt Tatjana Utz, Resilienztrainerin aus Mün-
Tag bekommen wir in den Nachrichten Mel-
dungen von Kriegen und vom Klimawandel“,
chen. Grundsätzlich sei es gut, sich mit
Freunden oder Kollegen über Stressoren
auszutauschen. Gleichzeitig sei es wichtig,
sich nicht zu überfordern. Oft habe man das
Gefühl, von Gedanken und Gefühlen über-
rollt zu werden. Entscheidend sei, immer
Wer krank ist, sollte zuhause bleiben – um zu genesen, und um die wieder in Momente der Zufriedenheit zu
Kolleginnen und Kollegen nicht anzustecken. kommen. tmn
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