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Recht + Rat
Ausschlussfristen dürfen nicht
unangemessen benachteiligen
ARBEITSRECHT Verfallsfristen finden sich oft in Arbeits- oder Tarifverträgen
Im Arbeitsverhältnis spielen Aus- tend machen. Wenn dieser den 305 ff. BGB entsprechen. Erfüllen
schlussfristen (auch: Verfallsfris- Anspruch ablehnt oder nicht re- sie die Anforderungen des AGB-
ten) eine bedeutende Rolle, wenn agiert, muss man in der zweiten Rechts nicht, etwa weil sie Be-
es darum geht, Ansprüche recht- Stufe den Anspruch innerhalb ei- schäftigte unangemessen be-
zeitig geltend zu machen. Aber ner weiteren Frist gerichtlich gel- nachteiligen, sind sie unwirksam.
was verbirgt sich hinter dem tend machen. Zur rechtzeitigen In diesem Fall tritt an ihre Stelle die
Begriff? Wie unterscheiden sich Geltendmachung müssen unbe- gesetzliche regelmäßige Verjähr-
diese Fristen von der gesetzlichen dingt beide Stufen innerhalb der ungsfrist von drei Jahren. In der
Verjährungsfrist und gelten sie Frist gewahrt werden. Rechtsprechung ist ein Zeitraum
auch für Arbeitgeber? Der Beitrag von mindestens drei Monaten als
von AK-Jurist Uli Meisinger gibt Abgrenzung zur gesetzlichen re- angemessene und wirksame Aus-
einen kurzen Überblick. gelmäßigen Verjährungsfrist schlussfrist anerkannt. Arbeitsver-
Die gesetzliche regelmäßige Ver- tragliche Ausschlussfristen von
Was sind Ausschlussfristen? jährungsfrist für Ansprüche aus weniger als drei Monaten sind un-
Ausschlussfristen sind vertraglich dem Arbeitsverhältnis beträgt ge- wirksam. Darüber hinaus gibt es
vereinbarte Zeiträume, innerhalb mäß § 195 BGB drei Jahre. Diese aber viele weitere Aspekte, die
derer Ansprüche im Arbeitsver- Frist beginnt am Ende des Jahres, nach der Rechtsprechung zu einer
hältnis geltend gemacht werden in dem der Anspruch entstanden Unwirksamkeit führen können. Es
müssen. Werden diese Fristen ver- ist und der Arbeitnehmer von den empfiehlt sich daher immer eine
säumt, verfällt der Anspruch – relevanten Umständen Kenntnis Prüfung der Formulierungen
auch wenn dieser grundsätzlich erlangt hat oder hätte erlangen durch fachkundige Berater.
bestehen würde. Ausschlussfris- müssen. Das bedeutet: Auch ohne
ten finden sich häufig in Arbeits- eine vertragliche Vereinbarung Ausschlussfristen in Tarifverträ-
verträgen oder Tarifverträgen. Bei- von Ausschlussfristen können An- gen: Keine AGB-Kontrolle
spielsweise können Arbeitnehmer sprüche nach drei Jahren verjäh- Im Gegensatz zu den Regelungen
einen berechtigten Lohnanspruch ren. Ausschlussfristen sind jedoch in Arbeitsverträgen unterliegen Ta-
Ausschluss- nur dann durchsetzen, wenn sie meist deutlich kürzer als diese ge- rifverträge nicht den Vorschriften
fristen spielen diesen innerhalb der vereinbarten setzliche Verjährungsfrist. So fin- des AGB-Rechts. Ausschlussfris-
oft eine Rolle, Frist geltend machen, da er sonst den sich in Arbeitsverträgen oder ten können daher im Einzelfall kür-
wenn es um in aller Regel erlischt. Manche An- Tarifverträgen häufig Fristen von zer ausfallen als in Arbeitsverträ-
die Geltend- sprüche dürfen jedoch nicht von drei bis sechs Monaten. Diese Fris- gen. Die Tarifvertragsparteien ha-
machung von Ausschlussfristen erfasst werden, ten können je nach Vertrag stark ben somit eine höhere Flexibilität
Lohn- oder wie etwa der Anspruch auf den variieren, sind aber in der Regel viel und mehr Spielraum bei der Ge-
Zeugnisan- gesetzlichen Mindestlohn. kürzer als die gesetzliche Frist. staltung von Ausschlussfristen.
sprüchen
geht. Mehrstufige Ausschlussfristen Wirksamkeit von Ausschlussfris- Warum Ausschlussfristen unbe-
Beschäftigte Oft sind Ausschlussfristen zwei- ten im Arbeitsvertrag dingt beachtet werden sollten
sollten stufig gestaltet: Zunächst müssen Arbeitsvertraglich vereinbarte Ausschlussfristen sind für Beschäf-
unbedingt auf Arbeitnehmer den Anspruch in- Ausschlussfristen sind zulässig, tigte häufig von Bedeutung, wenn
die Fristen nerhalb einer bestimmten Frist müssen jedoch prinzipiell den Vor- es etwa um die Geltendmachung
achten. gegenüber dem Arbeitgeber gel- gaben des AGB-Rechts gemäß §§ von Lohn- oder auch Zeugnisan-
sprüchen geht. Sie sollten daher
stets im Blick haben, innerhalb
welcher Fristen sie ihre Ansprüche
geltend machen müssen und wel-
che weiteren Voraussetzungen für
die Geltendmachung zu beachten
sind. Wer die Fristen versäumt,
dem droht der Verlust seiner An-
Foto: Adobe Stock /MQ-Illustrations ten auch für Arbeitgeber gelten,
sprüche, auch wenn er grundsätz-
lich im Recht ist. Da Ausschlussfris-
sollten Arbeitnehmer ebenfalls
genau darauf achten, wenn sie mit
einer arbeitgeberseitigen Forde-
rung konfrontiert sind: Sie mag be-
rechtigt sein, aber möglicherweise
38 · AK-Konkret 2|25 ist auch sie bereits hinfällig.

