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Titelthema
Foto: Alexander Steffens
Die Ergebnisse der Pflegepotenzialstudie wurden bei einer Pressekonferenz in Berlin vorgestellt. Von links:
AK-Pressesprecherin Dörte Grabbert, Rainer Jung, Pressesprecher der Hans Böckler Stiftung, Elke
Heyduck, Geschäftsführerin der Arbeitnehmerkammer Bremen, AK-Geschäftsführerin Beatrice Zeiger und
Michaela Evans vom Institut Arbeit und Technik in Gelsenkirchen.
Was Pflege-Aussteiger fordern
PFLEGEPOTENZIALSTUDIE Mehr Zeit für Pflege ist für Rückkehrer essentiell
Die Plegepotenzialstudie „Ich Berlin vorgestellt wurde, zeigen, bedingungen geben, um mehr
pflege wieder wenn...“ zeigt, dass sich Aussteiger eine Rück- Menschen in den Pflegeberuf
dass bundesweit 300.000 kehr und Teilzeitkräfte eine Er- zu bringen. Die Verringerung
zusätzliche Pflegekräfte durch höhung ihrer Arbeitsstunden von Krankenständen und Eintrit-
Wiedereinsteiger und Stunden- grundsätzlich vorstellen kön- ten in die Erwerbsminderungs-
aufstocker möglich wären. Doch nen. Als wichtigste Vorausset- rente sind notwendig. Auch das
dafür müssen sich die Arbeits- zungen dafür nannten sie eine erfordert personelle Entlastung.
bedingungen grundlegend wertschätzende Führungskul- Pflege ist nach wie vor ein durch
verbessern. tur, mehr Zeit für die Pflege, ver- die Erwerbstätigkeit von Frauen
lässliche Arbeitszeiten, Tarifbin- geprägtes Berufsfeld. Insofern
Von Henning Fries und dung sowie eine höhere Bezah- geht es im Kern also immer
Andreas Dörr lung. auch um die Verbesserung der
Insgesamt haben sich an der- Rahmen- und Arbeitsbedingun-
Der Fachkräftemangel in der Befragung bundesweit 12.684 gen von Frauen.
Pflege ist unumstritten. Die Ar- Menschen beteiligt. Zwei Drittel In der Studie kann zwar nicht
beitsbelastung sowohl in der arbeiteten aktuell oder zuletzt in ermittelt werden, ob tatsächlich
Langzeit- als auch in der Kran- der Krankenpflege, ein Drittel in ein Wiedereinstieg oder eine
kenpflege ist dementsprechend der Langzeitpflege. Die Studie Stundenerhöhung erfolgt und
hoch, die Beschäftigten sind mit zeigt, dass bundesweit mindes- welche Faktoren letztlich die
ihrer Arbeitssituation unzufrie- tens 300.000 zusätzliche Pfle- Entscheidung für oder gegen
den. Die Diskrepanz zwischen eine Berufsrückkehr bezie-
individuellem Berufsanspruch Verlässliche Arbeitszeiten hungsweise Stundenerhöhung
und betrieblichen Rahmenbe- sind wichtige Bedingung beeinflussen. Jedoch können
dingungen ist der häufigste anhand der Ergebnisse konkrete
Grund für den Ausstieg aus dem gekräfte durch Aufstockung der Ausgangsbedingungen und
Beruf. Doch was muss sich nach Arbeitszeit oder den Wiederein- Handlungsmöglichkeiten auf-
Ansicht der Aussteiger ändern, stieg in den Beruf möglich wä- gezeigt werden, die dazu beitra-
damit sie eine Rückkehr in den ren. Über die Hälfte kann sich gen können, die Berufsrückkehr
Beruf erwägen? eine Rückkehr beziehungsweise von Pflegekräften beziehungs-
Im Herbst 2021 wurde von der eine Aufstockung der Stunden weise die Erhöhung der Arbeits-
Arbeitskammer des Saarlandes unter den oben genannten Be- stunden Teilzeitbeschäftigter zu
in Kooperation mit der Arbeit- dingungen vorstellen. unterstützen und zu fördern.
nehmerkammer Bremen und Unstrittig ist, dass der Bedarf Diese Bedingungen stoßen al-
dem Institut Arbeit und Technik an Pflegefachkräften schon lerdings immer wieder an Gren-
Gelsenkirchen eine bundes- heute nicht gedeckt werden zen. Eine auskömmliche Finan- !
weite Befragung von Pflege- kann. Diese Situation droht sich zierung ist deshalb unabding-
kräften durchgeführt, um Po- künftig erheblich zu verschär- bar. Die vorgestellten Ergeb- Mehr Infos zur
tenziale für die Rückkehr bezie- fen. Zweifelsohne gibt es auf die nisse und Handlungsansätze Pflegepoten-
hungsweise für die Stundenauf- Frage, wie mehr Pflegefach- müssen mit grundlegenden und zialstudie gibt
stockung zu ermitteln. Befragt kräfte gewonnen werden kön- nachhaltigen Veränderungen es unter:
wurden Pflegekräfte, die den nen, keine pauschale Antwort. der Finanzierung verknüpft wer- www.arbeits-
Beruf verlassen haben und Pfle- Bessere Arbeitsbedingungen den. kammer.de/
gekräfte, die ihre Arbeitszeit re- erfordern mehr Pflegepersonal. pressedienst-
duziert haben. Die Ergebnisse Umgekehrt muss es eine deut- Henning Fries und Andreas Dörr pflegepoten-
der Studie, die Anfang Mai in liche Verbesserung der Arbeits- sind Referenten für Pflege. zialstudie
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