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Titelthema zur Krise
mit wir als DGB gebündelt nach unterschiedlichen Herausforde- frischen Wind? Wenn ja, wie
vorne gehen können. Wir müssen rungen, vor denen die einzelnen wollen Sie neue Impulse setzen?
die Schwerpunktthemen und He- Branchen stehen, angehen? Es passiert jetzt überall ein Gene-
rausforderungen für uns ganz klar Ich nehme vor allem das große rationenwechsel, in den einzelnen
identifizieren, um uns für die Solidargefühl mit und die Kraft, Gewerkschaften und beim DGB.
nächsten Jahre aufzustellen. Ge- die Dinge anzugehen sowie das Ich glaube, das ist auch gut so,
rade in der aktuellen Zeit merken Wissen, dass man etwas errei- weil wir eben auch die jüngere
wir, dass Management-Entschei- chen kann. Aus der Transformati- Generation ansprechen wollen –
dungen oft die Interessen der Be- onswerkstatt nehme ich die Er- und müssen. Wir müssen sie auch
schäftigten in keinerlei Weise be- kenntnis mit, dass Transformation von der Idee und dem Gedanken
rücksichtigen – genau so wenig nicht nur die IG Metall betrifft. Der der Solidarität der Gewerkschafts-
wie die der Region und des Strukturwandel ist für alle Ge- bewegung überzeugen – immer
Saarlandes. Deshalb möchten wir werkschaften Thema. Um nur ein nochmal neu. Denn im Zuge
in Zukunft auch die Frage der wirt- Beispiel zu nennen: Allein schon in neuer Arbeitsformen wird es ja
schaftlichen Mitbestimmung und der Mobilitätsdebatte werden wir auch immer schwieriger, die Men-
der Wirtschaftsdemokratie poli- verschiedene Interessen haben, schen zu erreichen. 30 Tage Ur-
tisch mitdiskutieren. Für uns ist die wie aber alle miteinander ver- laub, Lohnfortzahlung im Krank-
klar: Beschäftigte sowie Betriebs- zahnen müssen. Es gibt etwa die heitsfall – das sind alles Dinge, für
und Personalräte können und sol- Idee der Smart Mobility, bei der die die Gewerkschaftsbewegung
len mitbestimmen, denn sie sind die Verkehrsmittel immer um- gekämpft hat. Und das müssen
diejenigen, die sich für das Saar- fangreicher vernetzt werden sol- wir den Menschen, die jetzt davon
land, für die Region, aber vor al- len, sowohl im Individualverkehr profitieren, aber damals nicht da-
lem auch für die Menschen ein- als auch im ÖPNV. Wir haben die bei waren, vor Augen führen. Wir
setzen und dabei keinerlei profit- Eisenbahn- und Verkehrsgewerk- müssen deutlich machen, dass
getriebenen Interessen verfolgen. schaft EVG mit im Boot, die einen wir gute Arbeit auch für die Zu-
Ausbau der Bahnstrecken kunft nur erhalten können, wenn
Welche Schwerpunkte wollen möchte, was sich nochmal auf die wir uns mobilisieren, organisieren
Sie langfristig setzen? Industrie auswirkt, was unter an- und zusammenstehen. Eines der
Wir müssen uns auf jeden Fall mit derem Lieferketten angeht. Man Instrumente, mit dem wir junge
dem Thema umlagefinanzierte merkt dort: Alle Themen der Menschen erreichen, ist unter an-
Ausbildungsplatzgarantie be- Transformation sind für alle Ge- derem unsere Berufsschul-Tour.
schäftigen. Wir fordern ganz klar, werkschaften relevant. Wir müs- Dazu kommt aber auch die Auf-
endlich die im Bundeskoalitions- sen als DGB koordinierend ge- gabe, in der Außendarstellung
vertrag angekündigte Ausbil- meinsame Positionen entwickeln, durch ein junges Team von Ge-
dungsgarantie umzusetzen. Zwar hinter denen sich am Ende alle werkschafterinnen und Gewerk-
ist der Schrei nach Fachkräften auf Gewerkschaften versammeln schaftern klar zu machen, dass
der Arbeitgeberseite groß, aber können. Dann haben wir auch die der DGB wie auch der Gedanke
wir sehen die Arbeitgeber beim Möglichkeit, für unsere Inhalte or- der Gewerkschaftsbewegung
Fachkräftemangel ganz eindeutig dentlich zu mobilisieren. nicht antiquiert ist, sondern eine
in der Pflicht. Wir wissen doch, absolut moderne Bewegung. Und
warum offene Stellen immer noch Mit 29 Jahren stehen Sie für die wir rufen jeden auf, sich daran zu
offene Stellen sind: Das liegt an junge Generation Gewerkschaf- beteiligen und mitzumachen.
den Arbeitsbedingungen, dort wo ter. Bedeutet das für Sie auch, Dann kann man etwas erreichen
immer noch viel zu oft Union Bus- den DGB für junge Menschen – nicht nur für den einzelnen Be-
ting („Gewerkschaften plattma- attraktiver machen zu wollen? trieb, sondern für die ganze Ge-
chen“, Anm. d. Red.) betrieben Braucht der DGB im Saarland sellschaft.
wird und es keine Betriebsräte
gibt. Junge Leute brauchen eine
Garantie, das ausüben zu können,
was sie wollen. Wir dürfen Leute
nicht in einen Job reinpressen, in
dem sie unglücklich und zwei
Jahre später wieder auf dem Ar-
beitsmarkt unterwegs sind, weil
es nicht passt.
Sie waren lange Zeit für die IG
Metall aktiv, haben rund zwei
Jahre lang die Transformations-
werkstatt Saar der IG Metall Fotos: Pasquale D‘Angiolillo
geleitet. Jetzt sind sie Chef des
DGB im Saarland und vertreten
acht Einzelgewerkschaften.
Welche Erfahrungen aus der IG Timo Ahr gemeinsam mit dem AK-Vorstandsvorsitzenden Jörg Caspar (links) und AK-
Metall-Tätigkeit nehmen sie mit Hauptgeschäftsführer Thomas Otto am 1. Juli des vergangenen Jahres beim Auftakt
ins neue Amt? Wie wollen Sie die zur gemeinsamen AK- und DGB-Gewerkschaften-Kampagne „Das Gute Morgen“.
AK-Konkret 5|22 · 15