„Wichtige Entscheidung für faire Löhne in Europa“ – Arbeitskammer des Saarlandes zur EuGH-Entscheidung zur EU-Mindestlohnrichtlinie

Pressedienst vom

Der Europäische Gerichtshof (EuGH) hat heute (Dienstag) die EU-Mindestlohnrichtlinie in Teilen bestätigt – zentrale Vorgaben zur Bestimmung von Mindestlöhnen aber gekippt. Damit bleibt weiter der Weg frei, um die Tarifbindung in der EU zu stärken.

„Die Entscheidung ist ein Meilenstein für das soziale Europa. Sie ist ein wichtiger Schritt, um faire Arbeitsbedingungen und existenzsichernde Löhne EU-weit zu sichern“, kommentiert Thomas Otto, Hauptgeschäftsführer der Arbeitskammer des Saarlandes. „Wir brauchen jetzt dringend einen nationalen Aktionsplan zur Stärkung der Tarifbindung. Das geplante Bundestariftreuegesetz ist ein wichtiger Schritt, weitere Maßnahmen müssen folgen.“

Worum geht es bei der Richtlinie?

Die Richtlinie wurde im Oktober 2022 vom Europäischen Rat verabschiedet und ist seitdem in Kraft. Die EU-Staaten sind angehalten, die Richtlinie in nationales Recht umzusetzen. Sie legt keinen konkreten Mindestlohn fest, sondern Regeln, nach denen der Mindestlohn ermittelt werden soll. Dies hätte in etwa einen Mindestlohn in den EU-Staaten von 60 Prozent des mittleren Lohns (Medianlohn) ergeben – in Deutschland derzeit besagte 15 Euro. Diesen Teil der Richtlinie hat der EuGH heute gekippt – die EU habe damit ihren Kompetenzbereich überschritten.

Ein weiteres Ziel der Richtlinie ist die Stärkung der Tarifbindung: Mitgliedstaaten, in denen weniger als 80 Prozent der Beschäftigten tariflich abgesichert sind, müssen einen Aktionsplan vorlegen, um den Anteil zu erhöhen.

Situation im Saarland

Der Anteil der Beschäftigten im Saarland, die nur den Mindestlohn oder weniger verdienen, ist weiterhin hoch. An der Saar arbeiten gut 56.000 Arbeitnehmer*innen zum Mindestlohn. Etwa 60 Prozent von ihnen sind Frauen.

Tarifverträge sind ein entscheidender Faktor: Beschäftigte in tarifgebundenen Betrieben arbeiten im Schnitt eine Stunde weniger pro Woche und verdienen etwa zehn Prozent mehr. Deutschland liegt bei der Tarifbindung mit weniger als 50 Prozent deutlich unter der vorgegebenen Marke von 80 Prozent. Auch im Saarland ist der Trend besorgniserregend: Nur noch 52 Prozent der Beschäftigten arbeitet in tarifgebundenen Betrieben – 2003 waren es noch etwa 71 Prozent.

„Eine höhere Tarifbindung und angemessene Mindestlöhne werden dazu beitragen, die Arbeits- und Lebensbedingungen von Beschäftigten deutlich zu verbessern“, betont Otto. „Das schafft Stabilität und stärkt das Vertrauen in ein soziales Europa. Gerade in Zeiten wachsender Skepsis gegenüber der EU ist dieses Urteil immens wichtig.“

Handlungsbedarf auf Bundesebene

Die Bundesregierung ist nun aufgefordert, den nationalen Aktionsplan zur Stärkung der Tarifbindung zügig zu erarbeiten und umzusetzen. „Wir begrüßen, dass ein Bundestariftreuegesetz auf den Weg gebracht wird“, sagt Otto. „Allerdings dürfen Ausnahmen, zum Beispiel bei Rüstungsaufträgen, die Wirkung nicht zu sehr einschränken.“

Zudem sollten Tarifverträge leichter für allgemeinverbindlich erklärt werden können. Besonders in kleinteilig strukturierten Branchen wie Einzelhandel und Gastgewerbe sinkt die Tarifbindung seit Jahren, während der Anteil der Geringverdienenden steigt.

Tarifbindung auch im Land erhöhen

Auch auf Landesebene müssen alle Möglichkeiten genutzt werden, um die Tarifbindung zu erhöhen. „Das könnte unter anderem dadurch geschehen, dass tarifgebundene Unternehmen bei der Wirtschaftsförderung und der Vergabe von Gewerbeflächen bevorzugt werden.“

zurück zurück