1. Haften Arbeitnehmer für Schäden, die sie im Arbeitsverhältnis verursachen?

Grundsätzlich ja. Sobald durch fahrlässiges, grob fahrlässiges oder sogar vorsätzliches Verhalten ein Dritter – auch der Arbeitgeber – einen Schaden erleidet, ist der Schädiger grundsätzlich zum Ersatz dieses Schadens verpflichtet. Das gilt zunächst auch im Beschäftigungsverhältnis.

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2. Gibt es eine Haftungsbeschränkung im Arbeitsverhältnis?

Ja, denn im Einzelfall könnten bereits durch leichte Unachtsamkeit der Arbeitnehmer immense Schadensersatzforderungen auf sie zukommen, die ihre wirtschaftliche Existenz unter Umständen vernichten würden. Um der unterschiedlichen wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit zwischen Arbeitnehmern und Arbeitgebern gerecht zu werden, wurde die Lehre von der innerbetrieblichen Haftungsbeschränkung der Arbeitnehmer entwickelt.

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3. Unter welchen Voraussetzungen greift die Haftungsbeschränkung?

Der Schaden muss bei einer betrieblich veranlassten Tätigkeit entstanden sein. Dies sind alle Tätigkeiten des Arbeitnehmers, die im Interesse und auf Veranlassung des Arbeitgebers durchgeführt werden, auch wenn sie nicht unmittelbar zur beruflichen Tätigkeit der Arbeitnehmer gehören. (Eine Verkäuferin, die einem Lkw-Fahrer im Lager beim Abladen hilft, übt demnach eine betrieblich veranlasste Tätigkeit aus.)

Wichtig: Eine vorsätzliche oder fahrlässige Nichtaufnahme der Arbeit außerhalb eines rechtmäßigen Streikes oder die vertragswidrige Aufgabe des Arbeitsverhältnisses stellt keine betrieblich veranlasste Tätigkeit dar! Deshalb kann der Arbeitgeber in einem solchen Fall den gesamten Schaden, der nachweislich durch das Fehlverhalten entsteht (z. B. weil Verträge nicht rechtzeitig erfüllt werden können), bei den Arbeitnehmern geltend machen. In solchen Fällen ist auch die Vereinbarung einer schadensun abhängigen Vertragsstrafe zulässig. Diese darf aber nicht unverhältnismäßig hoch bemessen sein (i. d. R. höchstens bis zu einem Bruttomonatsgehalt).

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4. Wie wirkt die Haftungsbeschränkung?

Leichteste Fahrlässigkeit schließt eine Haftung der Arbeitnehmer aus. Sie liegt dann vor, wenn nur ein ganz geringes Verschulden vorwerfbar ist, z. B. bei einem Fehlverhalten unter starkem Druck in einer Notsituation, wenn für planvolle Überlegungen keine Zeit mehr bleibt.

Beispiel: Bei einem Feueralarm wurden wichtige Unterlagen nicht eingeschlossen und sind verschwunden.

Normale Fahrlässigkeit führt zu einer Quotelung des Schadens (vgl. unten Frage 5.): regelmäßig wird maximal die Hälfte des Schadens zu tragen sein.

Beispiele: Unachtsamkeit beim Rückwärtsfahren mit einem Gabelstapler, Einbau falscher Installationen in einem Bau trotz klar verständlicher Pläne und vorheriger Erläuterung durch die Bauleitung, Eingabe falscher Maße beim Zuschnitt eines Werkstückes, Verfall von Ansprüchen durch verspätete Kontrolle der Rechnungseingänge ...

Grobe Fahrlässigkeit führt normalerweise zur uneingeschränkten Haftung der Arbeitnehmer, Vorsatz immer. Von grober Fahrlässigkeit spricht man, wenn die im Verkehr erforderliche Sorgfalt in ungewöhnlich hohem Maße vernachlässigt wurde, es muss eine auch subjektiv unentschuldbare Fehlleistung vorliegen. Aber auch bei grober Fahrlässigkeit wird ein eventuelles Mitverschulden des Arbeitgebers berücksichtigt.

Beispiel: Wenn während einer Trunkenheitsfahrt oder bei massiver Geschwindigkeitsübertretung ein Schaden an einem Firmenfahrzeug entsteht, zahlen betroffene Arbeitnehmer meist den Schaden in voller Höhe. Ist der Unfall aber auch darauf zurückzuführen, dass der Arbeitgeber schlechte Bremsscheiben hat einbauen lassen, findet wiederum eine Quotelung statt.

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5. Was wirkt sich auf die Quotelung des Schadens aus?

Neben der Frage des Verschuldensgrades wirkt sich auch das Verhältnis des jeweiligen Einkommens zur Schadenshöhe auf den Umfang der Schadenseratzpflicht aus. Die Höhe des Risikos eines Schadenseintritts wird ebenfalls in die Haftungsquote einbezogen.

Beispiele: Wer von den Mitarbeitern sehr riskante Arbeitsvorgänge erwartet, der muss sich dies auch im Rahmen der Quotelung entsprechend entgegenhalten lassen und sich stärker am Schaden beteiligen.

Oder wer schlecht bezahlte Mitarbeiter mit extrem wertvollem Gerät hantieren lässt, der muss damit rechnen im Fall eines Schadens auf einem Großteil des Schadens sitzen zu bleiben.

Ein Mitverschulden des Arbeitgebers führt ebenfalls zu einer Minderung der Schadensersatzpflicht. Wenn zumutbare Maßnahmen, die den Schadenseintritt verhindert oder die Höhe des Schadens begrenzt hätten, unterblieben sind, ist hierfür der Arbeitnehmer nicht verantwortlich zu machen.

Beispiele für die Pflicht, Risiken zu vermindern:

  • Abschluss von Versicherungen wie z. B. Vollkasko für Firmenwagen (deshalb wird bei Unfällen regelmäßig maximal bis Höhe der entsprechenden Selbstbeteiligung gehaftet: wurde
  • keine Versicherung abgeschlossen, ist dies in aller Regel ein Problem des Arbeitgebers)
  • Anbringen von Sicherheitsvorrichtungen an Maschinen und Fahrzeugen, zusätzliche Spiegel etc.
  • bessere Beleuchtung am Arbeitsplatz, hochwertigeres Werkzeug.
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6. Was gilt bei der Schädigung von Kollegen/Dritten

Im Arbeitsalltag bleibt es oftmals nur dem Zufall überlassen, ob bei einem arbeitnehmerseitigen Fehlverhalten der Arbeitgeber oder aber Arbeitskollegen bzw. Dritte (Kunden, Mitarbeiter von Fremdfirmen, Passanten etc.) geschädigt werden.

Es drohen also auch im Falle des Schadenseintrittes bei Kollegen oder Dritten durch betrieblich veranlasste Tätigkeiten immer Haftungsrisiken, die in keinem Verhältnis zum Verdienst der Arbeitnehmer stehen. Daher wird die innerbetriebliche Haftungsbeschränkung auch bei der Schädigung von Kollegen bzw. Dritten entsprechend angewendet, wenn diese den
Arbeitnehmer auf Schadensersatz in Anspruch nehmen.

Arbeitnehmern erwächst in solchen Fällen ein Freistellungsanspruch gegen den Arbeitgeber in Höhe des Schadensanteils, den der Arbeitgeber übernehmen müsste, wenn er selbst geschädigt worden wäre. Diesen Anspruch können betroffene Arbeitnehmer unter Umständen an den Geschädigten abtreten oder sie treten in Vorleistung und lassen sich die entsprechende Summe vom Arbeitgeber erstatten.

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7. Was gilt bei Personenschäden von Arbeitskollegen?

Hier gibt es eine Besonderheit: Wenn Kollegen körperliche oder gesundheitliche Schäden erleiden, erhalten sie üblicherweise Leistungen der gesetzlichen Unfallversicherung, da es sich für die Geschädigten regelmäßig um einen Arbeitsunfall handelt – mit entsprechendem Anrecht auf Leistungen der Berufsgenossenschaften.

Weitergehende Ansprüche gegen den Schädiger (z. B. Schmerzensgeld!) sind damit ausgeschlossen. Damit soll der Betriebsfrieden gewahrt und Klagen zwischen Kollegen vermieden werden. Ansprüche gegen den Schädiger entstehen nur,
wenn dieser den Schaden vorsätzlich herbeigeführt hat oder wenn es sich um einen Wegeunfall (zwischen Wohnort und
Arbeitsplatz) handelt.

Bei Vorsatz und grober Fahrlässigkeit muss der Schädiger u. U. mit einer Regressforderung seitens des Unfallversicherungsträgers rechnen.

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8. Gibt es Besonderheiten bei Kassenfehlbeständen?

Man spricht von Mankohaftung, wenn Arbeitnehmer vertraglich immer für Fehlbestände (z. B. bei Kassen- oder Lagerbeständen) aufkommen müssen. Damit wird die grundsätzliche Haftungsbeschränkung umgangen. Außerdem müssen Arbeitgeber nicht beweisen, dass die jeweiligen Arbeitnehmer den Schaden verursacht haben. Deshalb sind Mankovereinbarungen, nach denen die Arbeitnehmer für den Bestand voll verantwortlich sind, nur unter bestimmten Voraussetzungen zulässig:

  1. Für das erhöhte Risiko muss den Arbeitnehmern ein angemessener wirtschaftlicher Ausgleich gewährt werden (z. B. zusätzliches Mankogeld, erhöhtes Gehalt) und
  2. und Arbeitnehmer müssen tatsächlich die Möglichkeit haben, den Verlust zu vermeiden (also die alleinige Zugriffsmöglichkeit haben etc.).

Wenn keine Mankoabrede getroffen wurde, haftet der für gewisse Bestände zuständige Arbeitnehmer nur im Rahmen der allgemeinen innerbetrieblichen Risikoverteilung. (Siehe oben Nr. 4) Also ist insbesondere jedes Mitverschulden des Arbeitgebers zu berücksichtigen (z. B. mangelnde Überwachungs- und Sicherungseinrichtungen, mangelnde Kontrollen durch den Arbeitgeber, Überlastung der Arbeitnehmer).

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9. Können Arbeitgeber im Schadensfall sofort die Vergütung einbehalten?

Wenn der Arbeitgeber berechtigte Schadensersatzansprüche durch Aufrechnung geltend machen will, also Teile der Vergütung einbehält, muss er die Pfändungsfreigrenzen beachten. Selbst bei hohen Schadensersatzforderungen darf er also nicht das gesamte Arbeitsentgelt einbehalten, sondern höchstens den Betrag, den ihm die Zivilprozessordnung je nach persönlicher Situation des Arbeitnehmers (z. B. bei Unterhaltsverpflichtungen) gestattet.

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10. Gibt es tarifliche Haftungsbegrenzungen?

Es ist durchaus möglich, dass auch in Tarifverträgen oder sonstigen kollektivrechtlichen Regelungen wie allgemeinen Vertragsrichtlinien oder auch Betriebs- /Dienstvereinbarungen die Haftung der Arbeitnehmer begrenzt wird. So sehen z. B. Tarifverträge im öffentlichen Dienst oder AVR der Caritas eine Haftung bei betrieblich veranlassten Tätigkeiten nur bei Vorsatz oder grober Fahrlässigkeit vor.

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11. In welchen Fällen haften Arbeitgeber gegenüber Arbeitnehmern?

  • Bei Sachschäden gibt es grundsätzlich keine Besonderheiten. Der Arbeitgeber haftet gegenüber seinen Beschäftigten also uneingeschränkt für eigenes Verschulden und unter Umständen für das Verschulden seiner Mitarbeiter als Verrichtungsgehilfen. Es ist somit möglich, dass durch Kollegen geschädigte Arbeitnehmer gleich ihren Arbeitgeber in Anspruch nehmen, falls diesem ein Auswahl- oder Überwachungsverschulden vorwerfbar ist.
     
  • Eine Besonderheit im Arbeitsverhältnis ist die Beschädigung von Eigentum der Arbeitnehmer, falls die geschädigten Arbeitnehmer den Schaden selbst herbeigeführt hat. Denn wenn das Eigentum seiner Arbeitnehmer im Rahmen ihrer Arbeitsleistung eingesetzt wird, spart der Arbeitgeber deshalb den Einsatz eigener Materialien. Weil bei einem Einsatz von Material des Arbeitgebers der inner betriebliche Haftungsausgleich greifen würde, muss der Arbeitgeber auch den Schaden am Privateigentum seiner Beschäftigten in der entsprechenden Höhe übernehmen.

    Hauptanwendungsfälle sind in diesem Zusammenhang Unfälle bei Dienstfahrten im Privat-Kfz der Arbeitnehmer. Hier müssen Arbeitnehmer so gestellt werden, als wären sie in einem Firmenwagen unterwegs gewesen. Also haften Arbeitnehmer bei Fahrlässigkeit höchstens in Höhe der Selbstbeteiligung einer Vollkasko-Versicherung. Den restlichen Schaden haben die jeweiligen Arbeitgeber zu ersetzen.

    Nur wenn Arbeitnehmer eine Kilometerpauschale in einer Höhe erhalten, dass sie davon auch eine Vollkaskoversicherung hätten bezahlen können, tragen sie möglicherweise die gesamte Schadenssumme am eigenen Kfz.
     
  • Wenn Arbeitnehmer im Rahmen eines Betriebsunfalls einen Personenschaden erleiden, ersetzt ihnen die gesetzliche Unfallversicherung sämtliche Heilungs- und Rehabilitationskosten.

    Deshalb kommt ein Anspruch von Arbeitnehmern auf Zahlung eines Schmerzensgeldes nur dann in Frage, wenn der Arbeitgeber die Verletzung vorsätzlich herbeigeführt hat oder der Schaden auf dem Weg zwischen der Wohnung und der Arbeitsstelle durch den Arbeitgeber verursacht wurde.
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