Im aktuellen Jahresbericht an die saarländische Landesregierung zeigt die Arbeitskammer eindrücklich, wie Bildung im Saarland neu gedacht werden muss – als Schlüssel zu sozialer Teilhabe, Chancengerechtigkeit und zur Sicherung von Fachkräften. Im Fokus steht dabei die Bildungsfinanzierung. Angesichts wachsender Herausforderungen wie dem demografischen Wandel, der klimapolitischen Transformation und dem Fachkräftemangel sind gezielte Investitionen in Bildungseinrichtungen unerlässlich – trotz angespannter öffentlicher Haushalte.
Bildungsgerechtigkeit beginnt in der frühen Kindheit
Die Situation im Saarland ist alarmierend. Schon der Zugang zu Kindertageseinrichtungen ist ungleich verteilt: Zum Stichtag 1. März 2024 lag die Betreuungsquote der Drei- bis Sechsjährigen bei lediglich 87,6 %, obwohl 97,4 % der Eltern einen Platz benötigen. Besonders Kinder aus sozial benachteiligten oder zugewanderten Familien sind unterversorgt.
„Wer hier nicht handelt, riskiert früh zementierte Bildungsungleichheiten, die später kaum noch aufzuholen sind“, warnt Caspar. Der Fachkräftemangel in der frühkindlichen Bildung bleibt trotz des Ausbaus der letzten Jahre die zentrale Herausforderung: „Ohne genügend qualifiziertes Personal stehen nicht nur weitere Platzkapazitäten auf dem Spiel, sondern auch die Qualität der pädagogischen Arbeit.“
Die Arbeitskammer fordert deshalb entschlossene Maßnahmen: bessere Arbeitsbedingungen, attraktivere Ausbildungswege und eine stärkere gesellschaftliche Anerkennung des Berufs. Auch neue Konzepte sind gefragt – etwa Familienzentren, die niedrigschwellige Bildungs- und Unterstützungsangebote für Kinder und Eltern bündeln. „Bildung und Teilhabe müssen dort ansetzen, wo sie die größte Wirkung entfalten – ganz am Anfang“, so Caspar.
Schule: Bildungsdefizite gefährden Zukunftschancen
Auch an den Schulen im Saarland zeigt sich akuter Handlungsbedarf: Laut IQB-Bildungstrend 2022 verfehlen 33,6 % der Jugendlichen im Saarland den Mindeststandard in der Lesekompetenz für den mittleren Schulabschluss. Jeder zehnte verlässt die Schule sogar ohne Abschluss. Bildungsungleichheiten bestehen fort – insbesondere bei Kindern aus armutsgefährdeten oder bildungsfernen Familien.
„Diese besorgniserregende Entwicklung zieht sich durch die gesamte Bildungskette“, erklärt Caspar. Rund 20,1 % der jungen Erwachsenen im Saarland verfügen über keinen qualifizierenden Berufsabschluss. „Das ist ein Zustand, den wir nicht weiter hinnehmen dürfen.“
Die Arbeitskammer fordert daher eine schonungslose Analyse: „Wir müssen uns fragen, warum die gestiegenen Bildungsausgaben der letzten Jahre keine spürbare Qualitätsverbesserung bewirkt haben. Es mangelt nicht an Programmen – sondern an klarer Steuerung, verbindlichen Zielen, Transparenz und einer verlässlichen Ausstattung.“
Um die Qualität im Bildungsbereich zu steigern, braucht es deutlich mehr Fachpersonal, kleinere Lerngruppen, strategische Personalentwicklung sowie den gezielten Ausbau multiprofessioneller Teams entlang der gesamten Bildungskette.
Demokratiebildung und gesellschaftlichen Zusammenhalt stärken
Ein weiterer Schwerpunkt des Berichts liegt auf der politischen Bildung und demokratischen Teilhabe – sowohl in der Schule als auch im Berufsleben. Die zunehmende soziale Spaltung, digitale Desinformation und Polarisierung gefährden den demokratischen Diskurs. Migration wird dabei häufig als Belastung diskutiert, statt als Chance für gesellschaftliche Vielfalt und Innovation erkannt zu werden.
Öffentliche Begegnungsorte – sogenannte „Dritte Orte“ wie Bibliotheken oder Stadtteilzentren – müssen gezielt gefördert werden, um Austausch, Teilhabe und sozialen Zusammenhalt zu stärken.
Fazit: Bildungspolitik als Fundament einer gerechten Gesellschaft
Die Analyse der Arbeitskammer zeigt deutlich: Bildung ist das Fundament für sozialen Zusammenhalt, wirtschaftliche Transformation und demokratische Stabilität. Doch im Saarland bestehen erhebliche Herausforderungen – von struktureller Unterfinanzierung über den Fachkräftemangel bis hin zu ungleichen Bildungschancen.
Diese Probleme sind lösbar – wenn politischer Wille und klare Prioritäten erkennbar werden. Gefordert ist eine Bildungspolitik, die:
- sozial gerecht gestaltet ist,
- gezielt in Menschen und Infrastruktur investiert,
- und die tatsächlichen Bedarfe der Menschen ins Zentrum rückt.
„Bildung darf nicht länger von Herkunft, Wohnort oder Aufenthaltsstatus abhängen. Es braucht strukturelle Reformen, eine verlässliche Finanzierung und echte Perspektiven für alle.“
„Unsere langjährige Forderung nach einer Reform der Schuldenbremse wird zunehmend dringlicher. Nur wenn wir konsequent in Bildung investieren, schaffen wir echte Chancengleichheit“, betont Jörg Caspar, Vorstandsvorsitzender der Arbeitskammer des Saarlandes.
Caspar abschließend: „Bildung ist kein Kostenfaktor, sondern eine Zukunftsinvestition – für ein starkes, gerechtes und demokratisches Saarland.“
Den vollständigen Bericht finden Sie unter: www.arbeitskammer.de/jahresbericht
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