Erhöhung des Renteneintrittsalter auf 70 geht an der Lebensrealität vorbei

Pressedienst vom

Die Arbeitskammer des Saarlandes spricht sich klar gegen eine weitere Erhöhung des Renteneintrittsalters aus. „Eine höheres Renteneintrittsalters wird die sozialen Ungerechtigkeiten verstärken. Stattdessen ist es notwendig, das System der Alterssicherung grundlegend zu reformieren und die Arbeits- und Einkommenssituation im Land zu verbessern“, sagt Beatrice Zeiger, Geschäftsführerin der Arbeitskammer des Saarlandes. Gesamtmetall-Chef Stefan Wolf hat kürzlich eine schrittweise Anhebung des Renteneintrittsalters auf 70 Jahre vorgeschlagen.

Nach geltender Rechtslage wird die Altersgrenze für die Rente ohne Abschläge bis 2029 schrittweise von 65 auf 67 Jahre angehoben. „Der Vorschlag, das Eintrittsalter noch weiter zu erhöhen, geht an der Lebensrealität vieler Beschäftigter vorbei“, so Zeiger.

Bei einem Renteneintrittsalters von 70 Jahren wäre (im Jahr 2019) fast jeder Fünfte (19,8 %) vor dem Renteneintrittsalter gestorben. Menschen, die ihr Leben lang körperlich schwer arbeiten, und Niedriglohnbezieher haben in der Regel eine eher geringere Lebenserwartung.

Außerdem scheiden vielen Beschäftigte - insbesondere diejenigen, die körperlich und psychisch besonders belastende Berufe haben - vor Erreichen der Regelaltersgrenze aus dem Beruf aus. So lag das durchschnittliche Eintrittsalter in die Altersrente in den alten Bundesländern 2020 bei den Männern sogar nur bei 64,1 Jahren, bei den Frauen bei 64,4 Jahren.
„Die Rente mit 70, aber auch schon mit 68, führt deshalb mit Blick auf die Lebensleistung der Menschen zu massiven sozialen Ungerechtigkeiten“, so Zeiger. „Die Rente mit 67 wirkt bereits jetzt, wie eine Rentenkürzung, weil viele bei der Altersrente Rentenabschläge in Kauf nehmen müssen“, so Zeiger. Auch die wesentlich geringeren Renten wegen verminderter Erwerbsfähigkeit haben bei den Rentenzugängen im Jahr 2020 bereits einen Anteil von 13%. Insgesamt waren im Jahr 2020 rund ein Drittel der Versichertenrenten im Rentenzugang mit Abschlägen verbunden, und zwar mit einem durchschnittlichen Abschlagssatz von 8,9% bzw. 104 Euro im Monat.

„Wichtiger als eine Diskussion über einen späteren Renteneintritt ist also die Frage, was zu tun ist, damit die Beschäftigten gesund und als Beitragszahler die Regelaltersgrenze erreichen“, so Zeiger.

„Die Finanzierungsprobleme der gesetzlichen Rentenversicherung aufgrund des demografischen Wandels ist sicherlich ein Problem“, so Zeiger. „Deshalb ist eine grundlegende Reform der Alterssicherung absolut notwendig und dringend geboten“, fordert Zeiger.  Die Alterssicherung sollte sich wieder auf die zwei Ziele - Vermeidung von Altersarmut und Lebensstandardsicherung - und ein Rentensicherungsniveau von mind. 50 % orientieren. Notwendig wären insbesondere die langfristige Weiterentwicklung der Gesetzlichen Rentenversicherung (GRV) in eine Erwerbstätigenversicherung, mittelfristig die Erhöhung der Beitragsbemessungsgrenze bei höheren Einkommen und das Umlenken der Fördermittel der privaten Altersvorsorge in die GRV.

zurück zurück