Nur jeder Zweite plant innerhalb der nächsten zwölf Monate eine Weiterbildung. Grund sind massive Hürden beim Zugang zu beruflicher Weiterbildung in Deutschland: fehlende Informationen, unklare Perspektiven, hohe Kosten oder Zeitmangel. Zu diesem Schluss kommt eine aktuelle Untersuchung der Bertelsmann-Stiftung. „Diese Ergebnisse sind alarmierend. Als Arbeitskammer steuern wir hier im Saarland aber aktiv dagegen”, betont Thomas Otto, Hauptgeschäftsführer der Arbeitskammer des Saarlandes.
Das Saarland erlebt aktuell eine tiefgreifende sozial-ökologische Transformation von Wirtschaft und Arbeitswelt: Stellenabbau in Industriebetrieben und Fachkräftemangel stehen sich dabei gegenüber. „Berufliche Weiterbildung ist der Gelingensfaktor, um die Transformation sozial gerecht zu gestalten. Die Arbeitskammer ist mit ihrem Weiterbildungsverbund und dem Weiterbildungsportal zentraler Akteur im Land für eine echte Weiterbildungskultur. Aber das wird nicht reichen. Politische Akteure und Betriebe müssen noch mehr tun, um den Beschäftigten Weiterbildung zu ermöglichen”, fordert Otto.
Die Studie zeigt, dass die Weiterbildungsbeteiligung bundesweit bereits das dritte Jahr in Folge sinkt: Lag die Anzahl der Personen, die laut eigenen Angaben eine Weiterbildungsteilnahme planen 2020 noch bei 57 Prozent, so sank dieser Wert auf nur noch 50,7 Prozent im Jahr 2025. Menschen, die sich weiterbilden möchten, scheitern häufig daran, dass ihnen der Überblick über Angebote fehlt, sie nicht wissen, was zu Ihnen passt oder welche Förderung sie gegebenenfalls in Anspruch nehmen können. Wer einer Weiterbildung ohnehin schon weniger offen gegenübersteht, dem fehlen häufig Informationen über Gehalts- und Aufstiegschancen oder er sieht aufgrund des eigenen Alters keinen Mehrwert in einer Teilnahme.
Thomas Otto betont: „Wer keinen Zugang findet, kann auch nicht teilnehmen: Ein großer Teil der Beschäftigten findet nicht einmal die Tür zur Weiterbildung. Beschäftigte brauchen Orientierung, Beratung und konkrete Hilfestellung. Genau deswegen schaffen wir Strukturen und Angebote wie das Weiterbildungsportal oder die Transformationsmentoren.“
„Das Weiterbildungsportal Saarland bündelt qualitätsgesicherte Informationen zu Angeboten und Fördermöglichkeiten und stellt Tools wie eine KI-assistierte Kurssuche oder den Entwicklungskompass bereit. Damit adressiert es direkt jene Informationsdefizite, die laut Studie zu den größten Hürden zählen”, so Otto weiter.
Die Studie zeigt auch: Besonders Beschäftigte ohne Weiterbildungserfahrung benötigen niedrigschwellige Unterstützung. „Hier setzen wir mit der Qualifizierung von Transformationsmentorinnen an: Sie beraten Kolleginnen zu Lernwegen, Fördermöglichkeiten und Entwicklungschancen – ein Ansatz, den der Autor der Studie ausdrücklich befürwortet.”
Die Ergebnisse lassen keinen Interpretationsspielraum: Ohne verlässliche Orientierung, Beratung und betriebliche Lernstrukturen werden besonders Geringqualifizierte und Ältere abgehängt. Weiterbildung sollte politisch als zentrale Infrastruktur der Fachkräftesicherung behandelt werden – mit klaren Zuständigkeiten, verlässlicher Finanzierung und dem Ausbau niedrigschwelliger Beratungs- und Unterstützungsangebote.
Neben politischen Akteuren sieht Thomas Otto besonders die Betriebe in der Pflicht: „Die Studie zeigt: Weiterbildung wird dort noch immer häufig als persönliche Angelegenheit gesehen, dabei ist sie essenzieller Bestandteil von strategischer Personalentwicklung. Weiterbildung darf kein Zufall sein, sondern muss für alle Beschäftigten real zugänglich werden – gerade in der Transformation ist sie kein Nice-to-have, sondern ein Must-have.“
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