Welchen Sozialstaat wollen die Menschen in Deutschland?

Der deutsche Sozialstaat steht – nicht zuletzt aufgrund der angespannten Haushaltslage – wieder zunehmend im Fokus der politischen Debatte. Die in der Öffentlichkeit diskutierten Reformvorschläge zielen häufig auf Leistungskürzungen und eine Stärkung der privaten Vorsorge ab, in der Regel verbunden mit dem Ruf nach mehr „Eigenverantwortung“. Was in dieser Debatte in der Regel unterbelichtet bleibt, sind die Einstellungen und Wünsche der Bürgerinnen und Bürger zum Sozialstaat.

Das sozialstaatsradar ermittelt, was die Menschen vom Sozialstaat und seinen einzelnen Sicherungssystemen erwarten. Ein besonderer Fokus der Befragung liegt auf den Einstellungen zu den Sozialversicherungen im Bereich Rente, Gesundheit und Pflege. Das sozialstaatsradar widmet sich dabei unter anderem folgenden Fragen: Welche Leistungserwartungen haben die Bürgerinnen und Bürger? Wie sollen die Leistungen finanziert werden? Welche Rolle sollen der Staat und private Anbieter dabei spielen?

sozialstaatsradar 2025: Zentrale Ergebnisse der aktuellen Befragung

Der zentrale Befund der Befragung lautet: Die Menschen in Deutschland wünschen sich einen starken, solidarischen Sozialstaat – und sind bereit für diesen auch den notwendigen finanziellen Beitrag zu leisten. Diese Haltung der Bürgerinnen und Bürger zeigt sich unter anderem an folgenden Befunden:

  • Staat statt privat: Eine überwältigende Mehrheit von 80% der Befragten erwartet, dass mindestens ein Großteil der sozialen Sicherung verpflichtend und automatisch erfolgt. Die Menschen vertrauen dabei auf den Staat und nicht auf private Anbieter. Der Ruf nach mehr Eigenverantwortung wird von einer klaren Mehrheit abgelehnt.
  • Mehr Geld statt schlechtere Leistungen: Für einen wirksamen und verlässlichen Sozialstaat ist die übergroße Mehrheit auch zu entsprechenden, tendenziell steigenden Abgaben bereit, um langfristig angemessene Leistungen sicherzustellen. Diese Bereitschaft zeigt sich gerade auch bei den Jüngeren – vom häufig heraufbeschworenen Generationenkonflikt kann also keine Rede sein.
  • Starker statt schwacher sozialer Ausgleich: Die Menschen sprechen sich für einen stärkeren sozialen Ausgleich in den Sicherungssystemen aus. So befürworten Mehrheiten die Einbeziehung von Selbstständigen und Beamt*innen in die Rentenversicherung. Bei der Kranken- und Pflegeversicherung wird das bestehende System offensichtlich als ungerecht empfunden: Die Mehrheit wünscht sich eine solidarischere Finanzierung, was sich an der großen Zustimmung zur Anhebung bzw. Abschaffung der Beitragsbemessungsgrenze, die Besserverdiener entlastet, und der Ablehnung des dualen Systems aus gesetzlicher und privater Krankenversicherung zeigt.

Über die Befragung

Das sozialstaatsradar ist eine gemeinsame Befragung von Arbeitskammer des Saarlandes, Arbeitnehmerkammer Bremen und Deutschem Gewerkschaftsbund (DGB). Die Befragung wird einmal jährlich anhand einer systematischen Quotenstichprobe durchgeführt, die die Ansichten der Wohnbevölkerung in Deutschland im Alter ab 18 Jahren zuverlässig abbildet. Insgesamt werden 3.000 Personen per Online-Interview befragt und so gewichtet, dass die Resultate die tatsächliche Verteilung – etwa nach Alter, Geschlecht oder Region – repräsentieren. Die erste Befragung des sozialstaatsradars wurde im Dezember 2024 im Auftrag von AK, Arbeitnehmerkammer Bremen und DGB vom Umfrageinstitut Bonn durchgeführt.

Der Fragebogen umfasst Fragen zu Strukturelementen der Sozialversicherungen, die regelmäßig abgefragt werden, sowie Fragen zu aktuellen Reformdebatten. Die zentralen Ergebnisse des sozialstaatsradars erscheinen im Frühjahr eines Jahres. Politisch relevante Befunde sowie thematisch gebündelte Daten erscheinen zudem in Form von Sonderveröffentlichungen.

AK-Position zum Download (PDF barrierefrei)

AK-Jahesbericht an die Regierung des Saarlandes 2025

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